Ich liebe spektakuläre Orte für Sonnenauf- und untergänge und hab’ deshalb auch schon einige interessante Kulissen erlebt. Ein Highlight war aber wohl der Sonnenaufgang auf dem höchsten Berg Japans, dem Fuji. Meine Wanderung liegt zwar schon etwas zurück, diesen Reisebericht schrieb ich aber sehr zeitnah und ich hab den Text einfach so übernommen – daher auch der für diesen Blog eher ungewöhnliche Schreibstil 😉 Eine Packliste, sowie alle wichtigen Infos zur Wanderung und weiterführende Links gibt’s dann weiter unten. Ich will nicht zu viel verraten, aber soviel vorweg:
- Wir sind nach einem 11 Stunden Flug mit anschließend kurzem Nickerchen nachts (!) 6 Stunden lang auf den höchsten Berg Japans gelaufen, um den Sonnenaufgang zu sehen, und um daraufhin wieder 3,5 Stunden runterzulaufen.
- War es das wert? Auf jeden Fall!
- Würde ich es nochmal tun? Nein!
Übrigens: Die Fotos wurden leider nicht mit einer fancy Kamera, sondern mit dem Handy gemacht – die Qualität der Bilder ist also nicht soo gut, sorry.
In der Woche mit dem japanisch-buddisthischen Feiertag „O-bon“, an dem den Verstorbenen gedacht wird, ist der Vulkan Fuji-San beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen. Auch Touristen aus aller Welt wagen sich auf Japans höchsten Berg, um dem Land der aufgehenden Sonne ein Stück näher zu kommen.
An einem schwülen Sommernachmittag im August wirkt die Millionenmetropole Tokio noch überwältigender als sonst. Um der Mittagssonne zu entgehen und um den begehrten Sonnenaufgang zu sehen, entscheiden wir uns, den Gipfel des 3776 Meter hohen Berges nachts zu erklimmen. Die Busfahrt von Tokio in Richtung Südwesten bis hoch zur fünften Bergstation dauert zwei Stunden. Die Dämmerung bricht herein. Der Temperaturunterschied ist auf 2300 Höhenmetern deutlich spürbar. Ein paar Geschäfte bieten noch die Möglichkeit Stirnlampen und Wanderstöcke zu kaufen. Dies ist die letzte Station, die mit Verkehrsmitteln erreicht werden kann, bis zur zehnten Station geht es nur noch zu Fuß weiter. Der Yoshida Wanderweg ist einer von vier Pfaden, die zur Hauptsaison von Anfang Juli bis Ende August offiziell geöffnet sind.
Zu Beginn der Wanderung ist es stockfinster und unheimlich still. Die Landschaft des kegelförmigen Vulkans, der schon von den Ureinwohnern als heiliger Sitz der Götter verehrt wurde, lässt sich nur in den eigenen Vorstellungen ausmalen. Die Tatsache, dass es zunächst bergab geht, verunsichert zusätzlich. Eine entgegenkommende junge Frau, die mit Sandalen und Kleidchen für eine Wanderung eher ungewöhnlich gekleidet ist, versichert aber „Ja, ja hier geht es rauf auf den Berg.“ Die Japaner sind jedoch bekannt dafür das Wort „Nein“ grundsätzlich zu meiden. So kann es vorkommen, dass man in Tokio von drei verschiedenen Leuten auf der Straße in drei verschiedene Richtungen gewiesen wird, wenn man sie nach einem Weg fragt. Niemals würden sie zugeben, den Weg nicht zu kennen. Wieso sollte das auf einem Berg anders sein? Wenige hundert Meter später stellt sich jedoch heraus, dass die Japanerin nicht nur höflich sein wollte. Es geht bergauf. Allerdings so leicht, dass es sich eher nach einem Spaziergang anfühlt als nach einer Wanderung.
An der siebten Station angekommen, wird einem bewusst, was es heißt von japanischen Pilgergruppen umgeben zu sein. Unzählige Menschen stehen plötzlich im Stau. Diejenigen, die eine längere Pause in den Hütten einlegten, scheinen allesamt zur gleichen Zeit weiter laufen zu wollen. Doch es herrscht dank japanischer Tugenden weder Gedränge noch Unruhe. Das wundert nicht. Schließlich geht es selbst in Tokio, einer Stadt mit über neun Millionen Einwohnern, stets gesittet zu.
Mittlerweile fühlt es sich nach einer Bergwanderung an. Die 1200 Höhenmeter, die es noch zu bezwingen gilt, machen sich durch steiler werdende Felswände bemerkbar. Bis zur achten Station geht es allerdings nur sehr schleppend voran. Doch während man unfreiwillig ausgebremst wird, lässt sich der Moment bewusster wahrnehmen. Mindestens genauso schön wie der glitzernde Sternenhimmel stellt sich das Lichtermeer der winzig klein wirkenden Städte dar. Gleichzeitig kennzeichnen die Pilger den Weg zum Gipfel mit ihren Stirnlampen. Bis auf die Glocken der Wanderstöcke, die an das vertraute Geräusch von Kühen auf der Alm erinnern, herrscht eine angenehme Stille.
Wir sind vor über drei Stunden los gelaufen, erschöpft lassen wir uns auf einer Holzbank vor der Hütte der achten Station nieder. Die mitgebrachten Instant-Nudeln quellen in dem gekauften heißen Wasser. „Nein, nein, Müll wir nicht nehmen!“, mit mahnendem Blick und in gebrochenem Englisch weist der zierliche Wasserverkäufer jegliche Plastikverpackungen von sich. Weit und breit ist keine Mülltonne zu sehen. Auch Schilder weisen darauf hin, dass mitgebrachter Müll wieder mit nach unten genommen werden muss. „Das sind Maßnahmen, mit denen das Land der Verschmutzung entgegenwirkte, damit der Fuji endlich in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen würde“ Ben, ein britischer Expat, der aufgrund seiner Größe inmitten der zierlichen Japaner sofort auffällt, lebt seit vier Jahren in Tokio. Auch er freute sich, als der Vulkan im letzten Sommer [Anm.: 2013] zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Wenige Energieriegel später wird die Luft auf dem Weg zur neunten Station spürbar dünner. Während die Schritte mühsamer werden, leiden auch einige sichtbar unter der Höhenkrankheit. So übergeben sich am Wegrand die einen, während die anderen an mitgebrachten Sauerstoffflaschen hängen. Es heißt, jeder Japaner muss einmal auf dem Gipfel des heiligen Berges gewesen sein. Doch für einige ist die Reise hier zu Ende. Inzwischen geht es steil bergauf. “Ein Wunder, dass mit den Stöcken noch keine Augen ausgestochen wurden!” Ängstlich beobachten wir die Wanderstöcke, die lose an ihren Besitzern hängen, während sie vor uns hochklettern.
Der Verkehr auf dem Weg zur zehnten Station wird dichter. Als er schließlich ganz zum Erliegen kommt, verbreitet sich die Sorge, man könnte es nicht mehr rechtzeitig zum Sonnenaufgang schaffen. Wegweisende Angestellte mit Warnwesten und Leuchtstäben versichern jedoch, dass man Ruhe bewahren und langsam weiter gehen soll.“ Ab hier sind es nur noch zwanzig Minuten.“
Auf dem Gipfel herrscht ein Gedränge wie zu Spitzenzeiten in Tokios Bahnhöfen. Die bunten Souvenirstände bilden eine kleine Ladenstraße. Vor den Toiletten bilden sich lange Schlangen. Wegen Wassermangel müssen Toilettengänge hier bezahlt werden, denn was nicht als Regenwasser gespeichert werden kann, muss hochgetragen werden.
Anstatt des bekannten „Cheeeeese“, wie beim Posieren für Fotoaufnahmen üblich, rufen einige Japaner „Goraiko“. „Das ist ein eigens geschaffenes Wort für den Sonnenaufgang auf dem Berggipfel des Fujis“ erklärt ein sportlicher Reiseführer in perfektem Englisch. Die bekannten asiatischen „aaaahhs“ und „ooohhs“ sind obligatorisch und durchbrechen die Stille, als gegen fünf Uhr morgens die Sonne über dem Pazifik aufgeht. Der Horizont färbt sich orange-rot und die Sonne, die langsam in Form eines roten Balls erscheint, erinnert an die japanische Flagge. Es ist ein wunderschöner Augenblick, in dem die Welt für einen kleinen Augenblick stehen zu bleiben scheint, um dieses atemberaubende Naturschauspiel zu erleben. Dieser Moment lässt einen die Strapazen der letzten sechs Stunden des unendlich wirkenden Marsches schlagartig vergessen.
Während eines dreistündigen Abstiegs auf rutschigem Lavagestein wird einem bewusst, dass man auf einem Vulkan ist. Ein Vulkan, dessen letzter Ausbruch 300 Jahre zurück liegt. Was einem nachts verborgen blieb, präsentiert sich nun in voller Schönheit: die Aussicht und auch die kleinen Pflanzen, die sich zwischen den Felsen ihren Weg bahnen. Jeder sollte dies einmal erleben. Dabei gilt jedoch eine alte japanische Weisheit: „Derjenige, der den Fuji besteigt ist sehr weise; derjenige der ihn ein zweites Mal besteigt, ist ein Narr.“
Packliste Fuji
Kleidung
- Trekking-/ Wanderschuhe (am besten knöchelhoch für den rutschigen Abstieg)
- Warme Kleidung für drunter (Zwiebeltaktik): Fleecejacke, Sweater o.ä.
- Funktionsunterwäsche (schnelltrocknend)
- Funktionssocken (schnelltrocknend)
- Wasserabweisende Funktionshose o.ä.
- Wasserabweisende Jacke o.ä.
- Handschuhe
- Mütze
- Rucksack
Sonstiges
- Bargeld, vor allem auch 100 Yen Münzen (WC)
- Stirnlampe
- ev. Plastiktüte für Müll
- mind. 2 L Wasser (mehr gibt’s in den Hütten zu kaufen)
- Snacks
- Feuchte Tücher
- Taschentücher
- Reiseapotheke (Aspirin o.ä.)
- Hilfreich zum Warmhalten auf dem Gipfel: Rettungsdecke oder Taschen-/ Handwärmer
- Für den Abstieg: Sonnenbrille, Sonnencreme, ev. Cap/ Hut
Weitere Informationen
Zeit: Die Zeitverschiebung bzw. die aktuelle Uhrzeit gibt’s hier
Visum: Deutsche Touristen und Geschäftsreisende benötigen für eine Aufenthaltsdauer bis zu 180 Tagen kein Visum. Am Flughafen bekommt man zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für 90 Tage erteilt, kann diese aber verlängern. Mehr Infos dazu gibt’s auf der Seite des Auswärtigen Amtes. Infos für Inhaber anderer Pässe gibt’s z.B. auf der Seite der japanischen Botschaft in Deutschland.
Geld: Japanischer Yen (¥) – den aktuellen Wechselkurs zu Euro gibt’s hier
In Japan herrscht Linksverkehr.
Wichtige Feiertage
Fällt einer der Feiertage auf einen Sonntag, wird er auf den folgenden Montag verlegt. Ist auch dieser Tag ein Feiertag, fällt er auf den folgenden Dienstag. Sind z.B. Dienstag & Donnerstag Feiertage, so wird der Tag dazwischen – in dem Fall also Mittwoch – ebenfalls zum Feiertag.
- Ganjitsu ( Neujahrstag): (01. Januar)
- Seijin-no-hi (Tag der Volljährigkeit): immer der zweite Montag im Januar (08. Januar 2018, 14. Januar 2019)
- Kenkoku Kinem-bi (Tag der Staatsgründung): 11. Februar
- Midori-no-hi (Tag des Grüns): 29. April
- Kenpo Kinem-bi (Tag der Verfassung): 03. Mai
- Midori-no-hi (Tag des Grüns): 04. Mai
- Kodomo-no-hi (Tag der Kinder): 05. Mai
- Umi-no-hi (Tag des Meeres): dritter Montag im Juli (16. Juli 2018, 15. Juli 2019)
- Yama-no-hi (Tag des Berges): 11. August (erstmals 2016)
- Obon (Tag der Toten): 13.-15. August – kein offizieller nationaler Feiertag, obwohl als traditionelles buddhistisches Fest gefeiert.
Trinkgeld: In Japan nicht nur unüblich, sondern oft noch eine Beleidigung. Perfekter Service ist in Japan eine Selbstverständlichkeit, die nicht extra honoriert werden muss. In einem Land, in dem das Bedienen nicht niedriger klassifiziert wird als andere Berufe, würde das Verhältnis zwischen Dienendem und Bedientem durch einen monetäre Prämie aus der Balance geraten. Auch wenn es unserem Verständnis der Honorierung von gutem Service widerspricht: in Japan wird kein Trinkgeld gegeben!
Gründung: Japan: 11. Februar 660 v. Chr.
Einwohner: Japan: 127 Mio. / Tokio: 9,4 Mio. / Metropolregion Tokio: 38 Mio.
Einwohner pro km²: Japan: 336 EW/ km² (zum Vergleich, Deutschland: 230 EW/ km²), Tokio: 15.112 EW/ km²
Fläche: Japan: 377.962 km² / Tokio: 622 km²
Landes- und Amtssprache: Japanisch
Zur Kirschblüte ist Tokio wohl am schönsten (Ende März – Anfang April), zählt daher aber auch zur Hauptsaison. Im Juni und Juli ist in ganz Japan (außer in Hokkaido) mit viel Regen zu rechnen. Außerdem ist es von Ende Juni – August meist drückend heiß in der Stadt. Im Herbst (Oktober und November) herrschen im Gegensatz zu den schwülen Sommermonaten angenehm kühle Temperaturen und die Luft ist klar. Im Winter (Dezember – Februar) wird es hingegen oft so kalt, dass man sich ungern draußen aufhält – es sei denn, Skifahren ist das Ziel der Reise.
Fuji: Die offizielle Bergsteigersaison dauert vom 01. Juli – 31. August. Außerhalb der regulären Saison ist eine Besteigung auch möglich, allerdings wird von japanischen Behörden davor gewarnt, weil das Wetter unvorhersehbar ist bzw. unerwartet sehr schnell wechseln kann. Außerdem haben die meisten Berghütten außerhalb der Saison nicht geöffnet. Das Wetter sollte in jedem Fall vorab geprüft werden, z.B. auf dieser Seite.
Die Zeit, in der den Toten gedacht wird (“Obon-Week”, 13.-15. August – s. oben), ist auch eine der Hauptreisezeiten der Japaner. Dasselbe gilt übrigens auch für die “Goldene Woche” (29. April – 05. Mai, s. Feiertage oben). Wenn möglich, sollten Reisen innerhalb Japans (ansonsten nur mit Reservierungen für Züge etc. vorab) bzw. auf den Fuji in dieser Zeit gemieden werden. Wir waren genau zu der Zeit auf dem Fuji und es war gefühlt ganz Japan dort, wobei die doch angeblich alle zu ihren Familien aufs Land fahren zu der Zeit..
Wissenswert ist auch, dass praktisch alles Geschäfte, Restaurants und Sehenswürdigkeiten an den Neujahrsfeiertagen (31. Dezember – 03. Januar) geschlossen sind.
Allgemein
Buchempfehlung: Darum nerven Japaner: Der ungeschminkte Wahnsinn des japanishen Alltags (von Christoph Neumann)
Für die Fuji-Wanderung
Leicht mitzunehmende Snacks z.B. (meine Lieblings-Energieriegel) Raw Bite oder diese praktischen Quinoa-Instant-Cups, die einfach mit heißem Wasser (gibt’s in den Hütten zu kaufen) zubereitet werden.
Ich hatte eine Stirnlampe mit Batterien, die dieser hier sehr ähnlich ist, das hat auch wunderbar geklappt (am besten Ersatzbatterien mitnehmen). Heute würde ich aber wohl eher diese LED-Stirnlampe kaufen, da sie über ein USB-Kabel wiederaufladbar ist.
Offizielle Fuji-Website (auch auf Englisch)
Infos zu den vier Wanderwegen gibt’s auch hier – wir sind den Yoshida Trail hochgelaufen
Infos zur Anreise mit Bus oder Auto findest du hier (oder einfach im Hotel fragen). Hier gibt’s auch einen Busfahrplan (wenn möglich am besten vorab reservieren)
Das aktuelle Wetter für den Yoshida-Wanderweg gibt’s hier, das aktuelle Wetter auf dem Gipfel des Fuji findest du auf dieser Seite
Die genauen Uhrzeiten des Sonnenaufgangs (und -untergangs) an den Tagen im Juli & August gibt’s hier
Über diese Live Webcams siehst, wie es aktuell auf verschiedenen Stationen aussieht
Warst du schon mal auf dem Fuji oder hast du es vor? Hinterlasse gerne einen Kommentar, auch wenn du Fragen hast!